29.04.2020
Vor 50 Jahren als Wurzen DDR-Meister wurde...

Der 29. April 1970, er markiert einen Höhepunkt in der an Höhepunkten wahrlich nicht armen Geschichte des Wurzener Basketballsports. An jenem Mittwoch vor 50 Jahren setzten sich die männlichen B-Junioren der damaligen Betriebssportgemeinschaft (BSG) Lok Wurzen im Endspiel der DDR-Nachwuchsmeisterschaften in der Leipziger Ernst Grube-Sporthalle klar gegen ein hallensisches Team durch. „Damals war es unser sportliches Ziel, unter die letzten vier von rund 20 Mannschaften zu kommen und damit das Endrunden-Turnier mit vier Teams zu erreichen. Dass es dann noch zum Finalsieg gereicht hat, war das Ergebnis einiger günstiger Umstände“, erinnert sich der damalige Trainer Hilmar Leopold. So sei bis unmittelbar vor dem Spiel nicht sicher gewesen, ob der wichtigste Spieler des Teams, Center Harry Scharf, werde spielen können, was er schlussendlich jedoch konnte. „Wir waren als kleiner Verein nicht in der Lage, quantitativ aus dem Vollen zu schöpfen, sodass der Stamm der Mannschaft aus gerade Mal einem halben Dutzend Spielern bestand“, berichtet Leopold.

Aus heiterem Himmel allerdings kam für diesen und den Wurzener Verein, der bis zum Anschluss an die BSG Lok im Jahr 1964 „Einheit Wurzen” hieß und vor 24 Jahren als eigenständiger Verein unter dem Namen „Basketballverein 1950 Wurzen“ neu gegründet wurde, der Meisterschafts-Erfolg der damaligen B-Junioren 1970 nicht. „Zwei Jahre zuvor gewann meine Mannschaft bereits die C-Junioren-Meisterschaft, zudem sicherte sich im gleichen Jahr ein Team des Bezirkes Leipzig mit maßgeblicher Unterstützung meiner Spieler völlig überraschend die Goldmedaille bei der „Zentralen Kinder- und Jugendspartakiade in Berlin, der Bezirksauswahlmannschaften“, erzählt Leopold, der demnächst das achte Lebensjahrzehnt vollendet und im Meisterschaftsjahr 30 Jahre jung war. „Zwei Jahre nach diesen beiden Erfolgen war die Mannschaft weiter gereift und wusste um die Stärken und Schwächen ihrer Gegner in den diversen Qualifikationsturnieren zur Meisterschaft“, so die Wurzener Basketball-Legende, die neben der Trainertätigkeit unter anderem als Schiedsrichter, als Leiter des Basketball-Spielbetriebes der DDR sowie als zweiter Junioren-Auswahltrainer wirkte.

1964 hatte Leopold seine Schützlinge übernommen und von da an kontinuierlich weiterentwickelt. „Mit der heutigen Nachwuchsarbeit ist die damalige nicht vergleichbar“, blickt er zurück. Bis zu vier Mal sei in der Woche trainiert worden, hinzu gekommen seien Trainingseinheiten bei den in der DDR-Liga spielenden Männern und sogar Meisterschafts-Einsätze bei diesen. „Die Jungs hatten in ihrer Freizeit kaum Ablenkung und haben sich dadurch voll auf ihr Hobby konzentrieren können, wobei die sich einstellenden Erfolge für zusätzliche Motivation sorgten“, so der Ex-Trainer, der selbst noch aktiv war, als der Wurzener Basketball-Sport seinen ersten großen Coup landete. Den Damen der A-Jugend (18 Jahre) war es 1958 vorbehalten, die erste Nachwuchs-Meisterschaft an die Mulde zu holen. Die zweite und dritte, die zehn und zwölf Jahre später auf das Konto des männlichen Nachwuchses ging, stellten noch nicht das Ende der Fahnenstange in punkto Erfolge der Wurzener Nachwuchs-Basketballer dar. „Auf Vereinsebene hat die von mir trainierte Mannschaft bald nach dem Gewinn ihrer zweiten Meisterschaft infolge der Aufnahme einer Lehre oder des Antritts des Armeedienstes ihren Zenit zwar überschritten, vier von meinen Spielern (D. Stimmel, H. Mäding, Harry Scharf und Günter Müller) allerdings gelang noch der Sprung in das DDR-Juniorenteam“ und ich war während dieser Zeit 2. Juniorenauswahltrainer erzählt Hilmar Leopold.

Einer von diesen ist der heutige Präsident des Basketballvereins 1950 Wurzen und damalige Aufbau-Spieler Dieter Stimmel. „Die Erfolge unseres Vereins waren nicht nur wegen der Größe unseres Vereins bemerkenswert, sondern auch vor dem Hintergrund, dass sie von einer Betriebssportgemeinschaft im DDR-Basketball errungen wurden, während es sich bei unseren Gegnern ausnahmslos um Sportclubs handelte“, erläutert der 66-Jährige. Und dies hätte zweifellos sehr viel mit dem Wirken von Hilmar Leopold zu tun gehabt. „Er hat für den Basketball gelebt, war uns gegenüber konsequent und auf klare Regeln bedacht“, erinnert sich Stimmel. „Und dabei waren wir gerade im Jahr unserer zweiten Meisterschaft keine einfachen Jungs, vielmehr sind auch uns damals schon einige Kirschen hinterhergesprungen“, so augenzwinkernd der BBV-Präsident, dessen damaliger Trainer sich hinsichtlich seiner Rolle in Bescheidenheit übt. „Mag sein, dass auch ich einen Anteil an den damaligen Erfolgen unseres Nachwuchses hatte“, so Hilmar Leopold, der laut eigener Aussage nach wie vor mit regem Interesse das nationale wie internationale Basketballgeschehen verfolgt. „Der Sport hat schließlich maßgeblich mein Leben neben der Arbeit und der Familie bestimmt.“


Am 10. Oktober wird der 79-Jährige - sofern es das Corona-Virus zulässt - Gelegenheit zum vielfachen Händeschütteln und zu zahlreichen Umarmungen haben, feiert der BBV doch an diesem Tag sein 70-jähriges Vereinsjubiläum. „Geplant ist ein sportlicher Teil in der Gymnasiums-Sporthalle und ein geselliges Beisammensein am Abend im Kulturhaus Schweizergarten“, berichtet Dieter Stimmel. Und ganz sicher werden dann auch die beiden Meisterschaftserfolge aus den Jahren 1968 und 1970 ein Thema sein. "Wir hatten damals eine richtig gute Zeit", so Stimmel.             


Roger Dietze


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